Meine zwei Pferde und die lange Suche nach „meiner“ Reitweise, sowie die ersten Berührungen mit Zirkuslektionen
Vor 26 Jahren (im zarten Alter von 10 Jahren) habe ich meinen ersten, regelmäßigen Reitunterricht bekommen. In einem Schulpferdebetrieb habe ich dort das „normale Englischreiten“ kennengelernt. Doch habe ich mir als 10-Jährige schon die Frage gestellt, warum ich das Pferd ständig treiben soll und warum ich mit den Zügeln ständigen Kontakt zum Pferdemaul haben soll. Da ich aber als Anfänger nun mal keine Ahnung hatte, habe ich das eben so gemacht, aber hatte insgeheim schon den Wunsch „Wenn ich mal ein eigenes Pferd habe, probiere ich etwas anderes aus“.

2 Jahre später durfte ich dann mein Lieblingspony, dank meiner Eltern, mein Eigen nennen. Mit meiner Smeli kam ich zu den Westwood Quarters nach Hübingen. Dort lernte ich das Westernreiten kennen und war natürlich sofort hin und weg! Eine Impulsreitweise! Genau das, wonach ich mich gesehnt habe! Sofort musste ich – in meinem jugendlichen Leichtsinn – einen Westernsattel haben und aus meinem 22-jährigen Schulpony ein Westernpferd machen. Dieses Vorhaben funktionierte dann natürlich mehr schlecht als recht, da ich im Alter von 12 Jahren auch nicht viel Geld für Westerntrainer hätte ausgeben können.
Als Smeli ca. 26 Jahre alt war, hatte ich dann meine erste Berührung mit Bodenarbeit und Zirkuslektionen. Da zu der Zeit das Internet noch nicht so verbreitet war, studierte ich die VHS-Kassette und das Buch von Nathalie Penquitt’s Pferdeschule und sammelte alle Ausschnitte aus Pferdezeitschriften, welche mit Zirzensik zu tun hatten. Smeli erlernte im Alter von 26 Jahren noch das Kompliment!

Smeli verstarb im Jahre 2008, im Alter von 32 Jahren.
Als ich 5 Jahre später, im Jahr 2013 dann wieder auf der Suche nach einem Pferdepartner war, stieß ich irgendwann auf Filou. Er sollte mein Kindheitstraum von einem Kaltblut erfüllen. Doch Filou hatte als 8-Jähriger keine wirkliche Reitausbildung, er wurde früh eingefahren und danach nur im Gelände geritten. Doch spielten diese Kriterien in meiner Pferdewahl keine Rolle, ich wollte „nur einen klaren Kopf“, alles andere könnte man ihm ja noch beibringen. Verkauft wurde er mir mit einem Westernsattel, so wie ihn viele Geländereiter benutzen.
Doch dann sollte ich mit meinem Kindheitstraum Kaltblut erst einmal böse auf die Nase fallen…
Ich war zuvor den Umgang mit einem superbraven Schulpony gewöhnt und plötzlich entpuppte sich mein Traum-Kalti zum 850-Kilo-Koloss mit eigenem Willen und – im wahrsten Sinne des Wortes – Durchsetzungsvermögen. Filou riss sich mir bei jeder Gelegenheit los, rempelte mich an, bedrängte mich mit seinem riesigen Kopf und knabberte an mir rum.
Natürlich bin auch ich den berühmten „Bandenprofis“ begegnet und musste mir schlaue Ratschläge anhören wie „Mach dem eine Hengstkette drauf“. Jedoch hätte es – meiner Überzeugung nach – nichts gebracht, mit Druckmitteln aufzurüsten und weiter mit ihm Tauziehen zu spielen. Ich wollte, dass er freiwillig bei mir bleibt… aber wie?
Um irgendwie einen Zugang zu ihm zu bekommen, nahm ich (Western-) Reitunterricht bei einer ganz lieben Bekannten, aus dem Nachbarort. Aber schon nach der zweiten Reiteinheit, veränderte sie unser Leben, indem sie sagte:
Du hast ein Kopf-Pferd, spiele mit ihm!
Spielen? Wie spielt man denn bitteschön mit Pferden? Aber OK, welche Alternative gab es? Warum nicht einfach mal ausprobieren…

Filou Noir: Vom Losreißer-Bock zum Partner-Pferd
Tatsächlich bekam ich durch die Freiarbeit und das Spielen einen Zugang zu ihm. Er fing an, auf mich zu achten und bei mir zu bleiben. Neben Spielen begann ich auch mit den ersten Lernspielen wie Ja-sagen, Nein-sagen und apportieren. Darauf folgten dann die ersten Zirkuslektionen wie der Spanische Schritt.
Am Stall wurde dies von einigen belächelt und ich musste mir Sprüche geben wie „Du machst ja nur Blödsinn und nichts Richtiges mit dem“. Ich selbst ignorierte das, so gut ich konnte, denn ich war froh darüber, überhaupt einen Zugang zu ihm gefunden zu haben.
Zu der Zeit war mir noch lange nicht bewusst, wie wertvoll diese gemeinsame Arbeit war!
Durch unsere gemeinsame Bodenarbeit lernten wir uns besser kennen. Er lernte mich einzuschätzen und ich lernte ihn einzuschätzen und mit der Zeit auch, mich durchzusetzen!
Das Losreißen wurde immer seltener und auch beim Reiten wurde es entspannter.

Filou lernte vom Boden aus neben Zirkuslektionen auch Dressurlektionen, wie beispielsweise die Passage. Ich mochte schon immer gerne Dressurlektionen, aber wollte kein Englischreiten mehr. Hinzu kam noch, dass ich mich in dem Westernsattel nicht sehr wohlfühlte und beim Reiten „so weit weg vom Pferd“ saß. Und nun?
Sehr lange blieb meine Alternativen-Suche erfolglos, bis ich durch Zufall auf das Hörbuch von Christin Krischke stieß: „Du entscheidest. Reiten mit gutem Gewissen„.
Dieses Buch griff alle meine inneren Konflikte zwischen mir und der Reiterei auf und bestätigte mir so vieles, was ich all die Jahre intuitiv gemieden oder anders gemacht habe. Da ich bis zu diesem Zeitpunkt aber mit meinem Denken allein da stand, ohne „professionellen Hintergrund“, habe ich lieber still und heimlich „mein Ding“ durchgezogen, ohne zu wissen, ob es richtig war.
In etlichen Sprechstunden von Christin und Wolfgang Krischke, von der Fürstlichen Hofreitschule in Bückeburg, habe ich mehr über Pferde gelernt, als all die Jahre zuvor! Endlich gab es für mich jemanden, der all die Widersprüche der Reiterei aufgreift und erklärt.
Die klassische Reitkunst ist genau das, was ich all die Jahre gesucht habe und was mich und mein Pferd glücklich macht!
Auf Empfehlung der Beiden, habe ich auch das Buch von „Philippe Karl – Irrwege der modernen Dressur“ gelesen. Ebenfalls sehr informativ und aufschlussreich!
Wie kam ich dazu, Pferdetrainerin zu werden?
Gestärkt in meinem Selbstbewusstsein und in meinem Tun, trainierte ich nun besser und bewusster mit Filou die Zirkuslektionen und das Reiten.
Oft wurde ich auch von anderen Pferdemenschen, welche uns beim Training gesehen haben, gefragt, wie ich Filou dieses oder jenes beigebracht habe und ob ich es auch anderen Pferden beibringen könnte. Ich dachte darüber nach und grundsätzlich gefiel mir der Gedanke, auch anderen Menschen dabei zu helfen, mit ihren Pferden diese Bindung zu erleben und weiterzubringen.
Doch bevor ich mich trauen würde auch mit anderen Pferden zu arbeiten, wollte ich zuvor einige Fragen beantwortet haben:
- Welche Lektionen haben welchen Gymnastischen nutzen?
- Was machen unsere Zirkuslektionen mit der Anatomie des Pferdes?
- Welche körperlichen Beeinträchtigungen beim Pferd müssen bei welchen Zirkuslektionen berücksichtigt werden?
- Welche Rolle spielt der Charakter oder das Alter des Pferdes beim Lernverhalten?
- Wie genau geht das, mit der Körpersprache…?
- und und und… die Liste könnte ich wohl unendlich fortsetzen…
Um Antworten auf all diese Fragen zu bekommen, habe ich mich entschlossen, ein 5-Monatiges Fernstudium „Horsemanship“ (bei fitmedi Cavallo), ein 12-Monatiges Videoseminar über Zirkuslektionen (von Kenzie Dysli) und einen Onlinekurs über Pferdeanatomie und Biomechanik (von Pferde-gesund-bewegen) zu absolvieren.
Fazit: Jede dieser Fortbildungen hat mir unglaublich geholfen, meine Praxis erfolgreich Umzusetzen!
Doch werden das mit Sicherheit nicht die einzigen Kurse und Seminare bleiben, denn man lernt ja bekanntlich nie aus 😉

Mittlerweile habe ich auch Christin und Wolfgang Krischke in Bückeburg besucht und eine sehr liebevolle Widmung in mein Buch bekommen ❤

